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14. Nov
( Festival )
Inter hoch 3
Intermedia x International x Intergenerational 14.11.-05.12.2025

„Inter Hoch 3“ ist ein interdisziplinäres Festival, das an das legendäre Festival „Intermedia I“ vor 40 Jahren (Coswig, 1985) erinnert – einen Moment künstlerischer Selbstermächtigung in der DDR. In Kooperation mit verschiedenen Partner*innen und gemeinsam mit Zeitzeug*innen und heutigen Künstler*innen spüren wir nach, was bleibt, was vergessen wurde – und was daraus entsteht. „Inter Hoch 3“ lädt ein, Brüche, Übergänge und Resonanzen zwischen Generationen, Szenen und Ländern sichtbar zu machen – als kollektive Spurensuche zwischen Vergangenheit und Gegenwart. In Auseinandersetzung mit der historischen Intermedia begleiten sich organisch entwickelnde Ausstellungen und Projekte in Zusammenarbeit mit Zonic (Leipzig), Studio Bubec (Prag) und Studierenden der HfBK Dresden im gesamten Zeitraum die angekündigten Events.

PROGRAMM
Freitag, 14.11.2025 ab 20:00 Uhr – Film, Talk & Live-Musik

Film im kleinen Saal
Spuren des Performativen – Die Intermedia I in Coswig 1985 (R: Thomas Claus, D, 2017, 45 min)
Der Dokumentarfilmer Thomas Claus, selbst Zeitzeuge des Festivals Intermedia, rekonstruierte 2017 zur Ausstellung „Geniale Dilettanten – Subkultur der 1980iger Jahre in West- und Ostdeutschland“ im Dresdner Albertinum das Geschehen von 1985 als schillernde Montage aus Interviews mit Beteiligten, einer Unzahl an Fotos und Lärm-Attacken von wiedergefun-denen Tondokumenten. Ein idealer Einstieg.

Talk im kleinen Saak
Intermedia I, Coswig 1985: Ein Rückblick mit Christoph Tannert, Osmar Osten, Christine Schlegel und Jürgen Gutjahr
Der direkte Rückblick auf „Intermedia I“ erfolgt aus verschiedenen Perspektiven. Mit Christoph Tannert als einem der Hauptorganisatoren in der Brückenfunktion zwischen Kunst und Subkultur, dem Künstler Osmar Osten, der an einer Malaktion zu Sounds der Rennbahnband teilnahm, Christine Schlegel, zu deren Super8-Filme die Tänzerin Fine live agierte, sowie Jürgen „Chaos“ Gutjahr, damals schon Ex-Sänger von Leipzig erster Punkband Wutanfall, der mit seinem radikalen Industrial-Performance-Projekt Pffft…! das Publikum spaltete.

Live Musik im Henny Brenner Saal
MCH³ (Prag)
Mikolas Chadima gründete 1982 die Band MCH³, nachdem er zuvor mit den vom Prog Rock kommenden Extempore ein Pionier des tschechischen Punk war und zudem Mitglied der Performancegruppe Kilhets, die er neben anderen auf Fist Records veröffentlichte, dem wohl frühesten illegalen Kassetten-Label des Ostens. Zugleich agierte er westlich vernetzt. So performte er 1981, einmalig außer Landes gelassen, in London mit Chris Cutler und Mitgliedern von This Heat oder The Work. Zur Grenzüberschreitung gehörte auch, dass er deutsche Texte vertonte, darunter solche des Ex-DDR-Dissidenten Jürgen Fuchs. In den 1980ern als Mitzeichner der Charta 77 in den Underground verwiesen, veröffentlichte er zudem 1987 das Samisdat-Buch „Alternativa“, einen persönlichen Szene-Rundblick. MCH³ entwickelte dabei einen spezifischen, stets experimentellen und oft dunklen Sound, der Mitte der 1980er, zur Zeit von Intermedia I, auch Elemente des psychedelischen Industrial aufnahm, als sie Konzeptalben zu Orwells „1984“ aufnahm.

Pffft…! (Berlin)
Gegründet 1983/84 von zwei Ex-Mitgliedern der ersten Punkband Leipzigs, Wutanfall, standen Pffft…! für den konsequenten Schritt gen Industrial, wobei sich zu Tape-Loops und Metall-Perkussion in der Frühphase noch die performativen Einlagen des Künstlers Hans-Joachim Schulze kamen, der nach dem Ende seiner Gruppe 37,2 neue Aktionsfelder erschloss. Ihr Auftritt in Coswig, bei dem Schulze von der Stasi aus dem Saal getragen wurde, entfachte Begeisterung wie Empörung und blieb so besonders in Erinnerung. 2026 pflegt Pffft…! um Jürgen „Chaos“ Gutjahr noch immer den Krach, mit um vier Dekaden Erfahrung reicher Intensität.
Samstag, 15.11.2025, Ausstellungseröffnung und Live-Musik
Véra Marie Deubner & Luca Diebold: Echo West – Chor der Zugezogenen
Die Künstler:innen Véra Marie Deubner (Leipzig) und Luca Diebold (Dresden) präsentieren am 15.11.2025 ihre neue kollaborative Performance-Arbeit Echo West – Chor der Zugezogenen als Teil der Ausstellung „Last Minute“ für Inter Hoch 3 im Zentralwerk Dresden. Die eigens für die Ausstellung konzipierte Konzert-Performance beschäftigt sich mit den Narrativen über Ost und West, welche die beiden Künstler:innen als in Westdeutschland sozialisierte und nun in Ostdeutschland lebende Menschen vermittelt bekommen haben. In dieser Spannung der eigenen Positionen werden die Verflechtungen von Macht, Projektion und Identität des deutsch-deutschen Verhältnisses untersucht.

Samstag, 15.11.2025 ab 20:00 Uhr - Konzert
Henny-Brenner-Saal
ZUBY NEHTY (PRAG)
Zuby Nehty stehen in einer langen Entwicklung in der Folge zweier Bands, die als erste komplett weibliche der New Wave-Szene im Osten gelten können. Gegründet 1980 als Plyn, die 1983 auf der schwarzen Liste landeten, und daher ab 1984 als Dybbuk weitermachten, aus denen Anfang der 1990er die gemischter agierenden Zuby Nehty hervorgingen. Ihr Sound hat teils etwas von der Fragilität früher Post Punk-Bands wie den Raincoats, die sich aber auch erst später erschlossen, ist vor allem jedoch komplett eigenständig.

Sonntag, 16.11.2025 ab 19 Uhr – Präsentation & Film

Präsentation im kleinen Saal
Intermedia I als internationale Imagination
Coswig 1985 war ein allein auf die DDR abzielendes und aus deren Szene schöpfendes Ereignis. In einer mehrmedialen Präsentation wird Alexander Pehlemann, Kenner wie Liebhaber und vielfach Partner ost-europäischer Kunst- und Subkultur, mit kurzen Porträts imaginieren, welche möglichen Teilnehmer es 1985 gegeben hätte, wenn das Programm auf Osteuropa hätte ausgedehnt werden können. Ein Gedankenspiel als Exkursion in oft unbekannte Kreativfelder der „Ostblock“-Nachbarschaft, das zugleich das DDR-Geschehen in einen Vergleich nimmt.

Film im kleinen Saal
„Nachtlied des Hundes“ (HU, 1983, R: Gábor Bódy, 150 min)
Der mehrfach in der DDR aufgeführte und Teile der Szene extrem inspirierende Film des 1985 verstorbenen Regisseurs Gábor Bódy ist ein interessanter Versuch, mittels vermischter Filmtechniken eine wilde Realität abzubilden. Die linear erzählte Geschichte, darunter eines möglicherweise falschen Priesters, eines Astronomen mit Schamanenpunk-Band oder einer Offiziers-Ehefrau, die den Ausbruch als Sängerin sucht, bricht sich mit Super-8-Ausschnitten, die die Sicht eines Kindes widerspiegeln, und Videos, die zwei der wichtigsten unga-rischen Underground-Gruppen zeigen: A.E. Bizottság und Vágtázó Halottkémek aka Rasende Leichenbeschauer. Eine nachdenkliche Metapher über Glauben, Glaubensarmut und Liebessehnsucht, spontan und assoziativ, voller aberwitziger Symbole und Aktionen.Sonntag, 23.11.2025, ab 18 Uhr – Film, Performance, Gespräch
Der Abend widmet sich Kunst und Bewegung in Zeiten des Wandels. Gezeigt wird der Dokumentarfilm „Im Umbruch – Go.Stay.Dance.“ (Deutschland, 2022, Regie: Barbara Lubich), eine tänzerische Annäherung an die Lebenswege von Fine Kwiatkowski, Daniela Lehmann und Cindy Hammer – drei Künstlerinnen, drei Generationen, drei Haltungen zwischen Gehen, Bleiben und Tanzen.
Im Anschluss treffen Film, Performance und Gespräch aufeinander: Die Regisseurin Barbara Lubich und die Protagonistinnen reflektieren, was Kunst in Zeiten des Umbruchs sein kann. Fine Kwiatkowski, einst prägende Performerin der Intermedia Coswig, blickt gemeinsam mit jüngeren Kolleginnen nach vorn – über Generationen hinweg, im Spannungsfeld von Wandel, Haltung und Ausdruck.
Weitere Infos gibt es hier. Tickets sind im Vorverkauf erhältlich.

Freitag, 05.12.2025, ab 19 Uhr – Präsentation, Live-Musik & Party
Ein Abend voller Energie, Klang und Grenzüberschreitung: Už jsme doma aus Prag fusionierten 1985 Punk, Dada-Jazz und Prog-Komplexität zu einer einzigartigen Live-Performance voller Überraschungen. Rosa Beton aus Berlin bringen nervöse Post-Punk-Versionen legendärer Demo-Tapes auf die Bühne.
Vorab präsentieren Alexander Pehlemann und Miroslav Wanek ausgewählte Momente der tschechoslowakischen Szene 1985 im Musikfilm „Hudba 85“.
Zum Finale lädt das Zonic Zound Zystem mit „Cold War Dances East/West“ zu Post-Punk, Dub, No Wave und Früh-Elektronik beiderseits des Eisernen Vorhangs.
Weitere Infos gibt es hier. Tickets sind im Vorverkauf erhältlich.
 
Ausstellungsteil “Intermedia I”
Über den gesamten Zeitraum (14.11. bis 05.12.2025) werden im gesamten Gebäude historische Fotografien der Intermedia von 1985 in Coswig von Micha Brendel und Harald Hauswald zu sehen sein.
Micha Brendel, seit 1982 Student für Bühnenbild und Mitglied der Autoperforationsartisten, stellt vergrößerte Fotos von Intermedia I aus, die als Mehrfach-Belichtungen mit skurrilen Verschränkungen oft mehr an Event-Energie vermitteln als viele der dokumentarisch-realistischen Abbilder des Festivals. Einige davon waren auch in der Intermedia-Sondernummer der Samisdat-Zeitschrift usw., die Brendel seit 1984 herausgab und neben Texten, Fotos und Xero-Kopien auch eine Magnetband-Kassette als Beilage offerierte, zusammengestellt aus Live-Mitschnitten der beiden Abende in Coswig.
Harald Hauswald zog nach einer Lehre als Fotograf 1977 nach Ostberlin und wurde dort in den Verband Bildender Künstler der DDR (VBK) aufgenommen. Als erster DDR-Fotograf veröffentlichte er unter anonymen Namen Fotoreportagen in westlichen Magazinen wie GEO, dem Zeitmagazin oder der TAZ.1954 in Radebeul geboren war er Bild-Chronist der Straße und der Kunstszene der DDR und kam immer wieder nach Sachsen zum Fotografieren zurück, auch für die Intermedia. Seine Fotografien zeigen das Clubhaus Coswig vor und nach der Aktion „Herakles“ von Lutz Dammbeck und der Tänzerin Fine Kwiatkowski.
 
Ausstellungsteil “LAST MINUTE” – Eine Ausstellung für “Inter Hoch 3”
40 Jahre nach „Intermedia I“ (Coswig, 1985) hat das Zentralwerk Dresden in Kooperation mit Zonic und weiteren Partner:innen Studierende und Alumni der HfBK Dresden zusammen mit weiteren Kunstschaffenden eingeladen, das Festival „Inter Hoch 3“ mit ihren künstlerischen Strategien und Erzählungen zu bereichern und auf kollektive Spurensuche zu gehen.
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