20:00
26. Jul
( Konzert )
108 Fahrenheit
  • 108 Fahrenheit
  • Pop
  • Eintritt frei
Pop und Poesie, noch dazu auf deutsch – das ist in der hiesigen Musiklandschaft ein schmaler Grat, auf dem nicht wenige ambitionierte Bands schnell die Balance verlieren. Entweder wird’s banal oder kitschig, im schlimmsten Fall sogar beides. 

Glücklicherweise sind die Mannen um Kai Niemann meilenweit davon entfernt, und »108 Fahrenheit« schicken sich mit ihrem neuen Studioalbum »Kein Herz« an, dem deutschsprachigen Pop ein Kapitel hinzufügen, das nicht vor klebrigen Plattitüden trieft, sondern anregende Melancholie in Form von ehrlichem Understatement pflegt. Dazu gehört natürlich erst einmal die virtuose Handhabung von Saiten jeglicher Coleur ebenso wie Drumsticks und Besen bis hin zu Bläser- und Streichersätzen. Die sechsköpfige Band zelebriert dabei ihr studiertes Handwerk, ohne sich in übertriebenen Schnörkeln zu verlieren. Fast schon als Markenzeichen tänzelt das Banjo von Marco Pfennig mal ironisch, mal melancholisch um Akustik- und E-Gitarren, um Bass und Schlagzeug herum. Aber was wäre all diese unaufdringliche Instrumental-Virtuosität und gleichzeitige musikalische Leichtigkeit ohne den entsprechenden Gesang? Diesen intoniert Kai Niemann mit einer so sanften Bestimmtheit, die ihresgleichen sucht – ganz einfach, weil Niemann etwas zu »sagen« hat, eben sein Herz sprechen lässt – ganz ohne Kitsch und Banalitäten. 

Man könnte glatt versucht sein, »Kein Herz« als Pop-Poesie und »108 Fahrenheit« als Pop-Poeten zu bezeichnen. Aber das würde aus den genannten Schmaler-Grat-Gründen dem Sechstett aus Leipzig und Dresden ja nicht gerecht werden. Versuchen wir es einfach so: »108 Fahrenheit« holen mit ihrem zweiten Album die Hörer und vor allem auch das Live-Publikum nicht nur ab, sondern nehmen es mit, ohne sich anzubiedern. Kurz: »Kein Herz« wird zu »Dein Herz«.
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