18:00
25. Okt
( Performance )
Uncanny Valley / Unheimliches Tal
  • Rimini Protokoll (Stefan Kaegi)
    Thomas Melle
    Münchner Kammerspiele
  • 17,-
Wir kennen Roboter vor allem als Arbeitsmaschinen, als effiziente und präzise Vollstrecker. In der deutschen Industrie sehen sie Menschen kaum ähnlich, um emotionale Verstrickungen auszuschließen. In Asien hingegen werden schon länger humanoide Roboter entwickelt, etwa für die Alterspflege oder als Sexpartner. Die äußerliche Ähnlichkeit zu Menschen soll hier die Akzeptanz der Maschine erleichtern. Sie weckt aber auch Misstrauen: Was ist Mensch, was Maschine? Diese unheimliche Ähnlichkeit nennen japanische Roboterforscher „Uncanny Valley“.

Für „Unheimliches Tal“ wird vom Schriftsteller und Stückeschreiber Thomas Melle ein animatronisches Double erstellt. Dieser Humanoide tritt anstelle des Autors auf und wirft Fragen auf:  Stehen Kopie und Original in einem Konkurrenzverhältnis zueinander oder helfen sie sich gegenseitig? Kommt das Original sich durch sein Double näher? Wer spricht und was ist sein Programm?

Thomas Melle beobachtet und Kaegi dokumentiert, wie Ingenieurinnen und Ingenieure aus Servomotoren und Silikon seinen Körper neu zusammensetzen und so programmieren, dass die Motoren sein Bewegungsrepertoire übernehmen. Durch Feinmechanik, Maske und Kostüm wird der humanoide Roboter zu einem Darsteller, dessen Mimik, Gestik und Sprache womöglich Empathie auslösen könnte – doch Empathie mit wem? Mit Melle selbst, der ja nicht mehr da ist, oder doch schon mit dem Roboter? Wer spricht im unheimlichen Tal?

Auf diese Weise wird die Maschine zur Projektionsfläche für eine Zukunft, in der das menschliche Original irgendwann nicht mehr auszumachen ist. Ein solcher Humanoide ist kein industrieller Arbeiter, sondern eine Bezugsperson, wie wir ihr womöglich selbst bald im Altersheim begegnen. Der Autor Thomas Melle wird bei Rimini Protokoll zum Schöpfer seines Ebenbildes. Er gibt die Kontrolle an einen Doppelgänger ab, der ihn verdrängt, über das wechselseitige Verhältnis reflektiert und dieses Nachdenken als vielfach gespaltenen Vorgang Abend für Abend wiederholbar macht.
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